Regionale Produkte, regionale Märkte im Vogelsberg
Vermarkten, aber wie? Was wird getan? Ein journalistisches Projekt des BUND vom Falter
Wie schnell ist die Welt wieder groß. Schnell begrenzten in diesem Frühjahr die eigenen vier Wände unser Handeln, und wie schnell lernte auch unsere Regierung, dass es Katastrophen gibt, die uns alle weltweit betreffen können. Katastrophen, die uns darüber nachdenken lassen, wie weit die Wege lebensnotwendiger Gütern sein müssen. „Regionalität“ – das ist mehr als Volkstümelei. Vielmehr beinhaltet dieser Begriff die Wertschöpfung vor Ort, ein gewisses Maß an Autarkie und somit Sicherheit, aber auch die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Dezentralisierung.
Die folgenden zwei Texte und noch mehr kann man auch auf der Internetseite http://www.faltercomix.de/FalterNews/FalterFeature.html nachlesen.
Der Koordinator für regionale Produkte
Interview mit Lorenz Kock, Amt für Wirtschaft und ländlichen Raum

Der Name der Behörde ist sperrig: Im Amt für Wirtschaft und ländlichen Raum kümmert sich Lorenz Kock um das Marketing des Regionalen. „Wirtschaftsförderung, Tourismus und Kultur“ heißt sein Sachgebiet. Griffiger klingt der Name der Website „Vogelsberger Original“ (https://vogelsberg-original.de), griffig soll auch das Konzept zur Vermarktung möglichst vieler Produkte sein. Ein Netzwerk ist am Entstehen, erklärt Kock im Gespräch mit FalterFeature, eine regionale Marke, die sowohl im „Food- als auch im Non-Food-Bereich“ helfen soll, bekannt zu machen, was bereits alles existiert und verkonsumiert wird oder noch werden kann.
Was ist „regional“?
Um typische Vogelsberger Produkte zu verkaufen, müsse das „Regionale“ an ihnen zunächst definiert werden, so Kock. Sind im Landkreis hergestellte Schrauben landestypisch? Da es sie bundesweit in genau der gleichen Ausführung gibt, eher nicht. Kräutermischungen mit Vogelsberger Kräutern hingegen seien Imageträger und würden so in das Marketingkonzept mit aufgenommen – sofern die Kräuter auch aus der Region kommen und nicht zugekauft werden müssen. So gesehen hat der Kaffeeröster doch keine Chance, oder? Hier widerspricht Kock. Zwar gedeihe Kaffee im Vogelsberg eher nicht so gut, wenn aber der Veredelungsprozess nur im Vogelsberg entwickelt worden sei und durchgeführt werde, so mache dies aus dem Kaffee ein landestypisches Produkt.
Um regionale Produzent*innen und helle Köpfe aus der Reserve zu locken, habe man einen Wettbewerb ins Leben gerufen. Hier war das Vogelsberger Höhenvieh (vgl. FalterFeature: Demeter: Bio mit Verbandszugehörigkeit, http://www.faltercomix.de/FalterNews/FalterFeature.html ) zunächst sehr angesagt, inzwischen werde jedoch mehr verlangt, als eine hiesige Rindersorte zu züchten. Heute, so Kock, werden konkrete Produkte verlangt, wie zum Beispiel die „Stracke“ vom Höhenvieh. Die Werbung ist laut Kock ein willkommener Nebeneffekt für den jeweiligen Betrieb. Wirbt der Landkreis also mit Leinenprodukten aus Schlitz, die mit Jagdmotiven oder traditionellen Mustern verziert sind, so ist dies ein Alleinstellungsmerkmal für den Kreis, aber die Leineweber werden „nicht unerwähnt“ bleiben und so neue Kundschaft finden, zumal auch der Link zum jeweiligen Unternehmen gleich angeklickt werden kann.
Binnenmarketing: Herkunft aus Birstein kein Hindernis
Die Kundschaft sitzt zunächst im Vogelsberg selber und weiß oft nicht, was unsere heimischen Produzenten zu bieten haben. Warum zu McDonalds schweifen, wenn die Stracke liegt so nah? Oder die Wildwochen? Oder, besser noch, die Gemüseköstlichkeiten, die Markus Pfeifer verteilt und über die wir noch berichten werden? Wer sollte eine auswärtige Agentur bemühen, wenn doch Ute Kirst um die Ecke wohnt? Und wussten Sie, dass Milan Art Kunstwerke und kreative Möbel herstellt, mit Sitz in Nieder-Stoll? Derart angesprochene, heimische Kundschaft, für die der Prophet in seinem Vaterland noch etwas gilt, gehört laut Kock zum Binnenmarketing. Dieser Markt sei klein, erklärt er, er umfasse, statistisch gesehen, knapp über 100.000 Menschen, durch fünf geteilt ergibt dies 20.000 Haushalte, die sich jedoch nicht alle so ohne weiteres von den Platzhirschen der deutschen Marktwirtschaft weglocken lassen.
Bedenke man also, dass die potentielle Kundschaft eher aus dem liberal-intellektuellen Milieu kommt, was laut Kock etwa 10 Prozent der Gesellschaft ausmacht, bliebe ein kärglicher Rest von 5000 Haushalten, für die sich die Vermarktung aber dennoch lohne und Vertriebswege geschaffen werden müssten, soll das Ganze sich rentieren. Hierzu muss man jedoch wissen, dass der Vogelsberg im wirtschaftlichen Sinne etwas weiter gefasst wird. Produkte (und Kunden) aus dem geographischen Vogelsberg, der von Amöneburg bis Bad Nauheim reicht, sind laut Kock ebenso willkommen wie Kauflustige aus Fulda. Die Herkunft eines Produktes aus Birstein ist für Kock kein Hindernis, es auf die Website zu nehmen.
Dass eine gut funktionierende Website, die oft geteilt wird und attraktive Produkte anpreist, für das „Außenmarketing“ unerlässlich ist, versteht sich von selbst.
Erwünscht ist somit auch, dass die Produzierenden sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen, ein neues Produkt, ein neues Design, eine andere Produktionsmöglichkeit, die Website sollte niemals langweilig sein. Mittelfristig soll das Netzwerk zum Selbstläufer werden, hofft Kock: „Wir wollen das Projekt möglichst schnell in die Freiheit entlassen“.
Ökotechnisch an der Spitze
Auf die Gretchenfrage, ob denn auch auf nachhaltige Produktion geachtet werde, antwortet Kock sehr deutlich: „So viel BIO wie nur geht!“. Der Vogelsberg sei Ökomodellregion, mit über 20 Prozent Öko-Anteil in der Landwirtschaft sei unser Landkreis in Hessen an der Spitze. Kock wünscht sich, dass nicht nur der Vogelsberg, sondern ganz Hessen Ökomodellregion würde.
Die Regionalmarke, unter der die Produkte im Internet vermarktet werden, heißt, wie gesagt, „Vogelsberg Original“ (https://vogelsberg-original.de/die-regionalmarke). Da ein eigenes Kontrollsystem derzeit den verfügbaren Rahmen sprengen würde, werden Zertifikate, welche die Betriebe aufzuweisen haben, im Rahmen eines Punktesystems anerkannt. Nur wer eine Mindestanzahl an Punkten erreicht, darf diese Marke nutzen. „Mit Ökozertifikaten hat man einen sehr guten Start“, erklärt Kock und fügt hinzu: „gentechnikfreie Produkte sind natürlich ein Muss. Ohne das geht gar nichts!“.
Wo Landwirte mit Ökosiegeln glänzen können, tut sich der Non-Food-Bereich jedoch schwer. Für Kunst, Handwerk und Design gibt es weniger Auszeichnungen als für Essen. Hier werde viel auf Vertrauensbasis gearbeitet. „Wir verlassen uns auf das Pfadfinderehrenwort“, erklärt Kock. So sollten Rohstoffe möglichst auf ökologischem Anbau kommen, Holz aus zertifizierten Wäldern und Öko-Wolle verarbeitet werden. Allerdings ist ein eigenes Kontrollsystem durchaus im Rahmen des Möglichen, angedacht ist zudem die Zusammenarbeit mit einer Marketinggesellschaft, um die Kosten ein wenig erträglicher zu gestalten. „Regelmäßige Kontrollen erfordern qualifizierte Leute“, sagt Kock, und die seien nun einmal nicht zum Nulltarif zu haben.
Für die Landwirtschaft gibt es in Alsfeld bereits die Agrar-Beratungs- und Controll GmbH (ABCG Alsfeld, https://www.abcg-alsfeld.de ). Mit ihr, so Kock sei man im Gespräch, Kontrollen könnten zudem teilweise an externe Marketinggesellschaften abgegeben werden, wobei die Kosten nicht auf die Produzenten abgewälzt werden sollten. Wie genau all dies aussehen könnte, darüber müsse noch im Rahmen von Info-Veranstaltungen und runden Tischen beraten werden. Im Odenwald würd ein solches Konzept bereits umgesetzt, erklärt Kock, hier könne man voneinander lernen.
Zusammenfassend sagt Kock schließlich, dass es bei der regionalen Vermarktung neben regionalen Bezügen und ökologisch sinnvoller Produktion vor allem die kurzen Wege seien, die der Umwelt bereits nützten.
REWE / Nahkauf: Region wird großgeschrieben
Sabine Gürtler-Hartl vor ihrem Regal mit regionalen Produkten Foto: Falter
Auf eine ähnlich lange Tradition wie das Reformhaus kann der „Nahkauf“ am Wörth zurückblicken, besser bekannt als „Der Gürtler“. Hier wird Regionalität großgeschrieben, neben exotischen Köstlichkeiten haben Produkte aus dem Vogelsberg schon immer ihren Platz in den Regalen gehabt. Die Urgroßeltern hatten bereits ein Kolonialwarengeschäft, dort, wo heute der Tabakladen ist, erzählt Sabine Gürtler-Hartl, die das Geschäft von ihrem Vater übernommen hat.
Ein Regal ist hier für Bioprodukte reserviert, eines für regionale Lebensmittel. Durch das Fokussieren auf diese Produkte wolle man sich ein wenig absetzen von anderen Läden am Ort. Früher, so erzählt Sabine Gürtler-Hartl, seien die Nahrungsmittel im Sortiment integriert gewesen. Inzwischen habe man sich anders entschieden, der Kunde solle „nicht ständig rechnen müssen“, sondern auf einen Griff die regionalen oder Bioprodukte haben. Selbst der Schreiner, der die Regale hergestellt hat, ist aus der Region, sie wurden von der Schreinerei Obenhack gefertigt.
Das Sortiment der Gürtlers kann sich sehen lassen. Secco und Apfelwein kommen aus der Nähe, Fleisch von der Metzgerei Hahn, und seit Altenschlirf seine Käserei eingestellt hat, kommt der Käse aus der Hungener Käsescheune, Kochkäse hingegen aus Mackenzell. Bio-Eier liefert der Vulkanhof Euler, Bauer Petersen aus Hünfeld-Mackenzell ergänzt die Auswahl mit Freilandeiern. Je nach Saison kommen Erdbeeren von Bauer Ziegenhain aus Ulrichstein dazu, wer es gerne süß mag, greift zu Gelees und Likören aus Metzlos oder Honig von Imker Staubach aus Herbstein.
Bio? Hier wird Sabine Gürtler-Hartl nachdenklich. Leider ist regional nicht immer bio, das Fleisch von Metzger Hahn ist zum Beispiel konventionell erzeugt. Andererseits sind Bioprodukte oft nicht als solche deklariert, da die Auflagen nicht in voller Gänze vom Erzeuger zu leisten sind. Hier ist definitiv noch Luft nach oben.
Gürtler-Hartl bleibt am Ball, will das Beste für ihre Kundschaft. „Man sollte viel für die Region tun, guten Service bieten, schließlich leben wir hier“, gibt sie zu bedenken.
Auf das Regionale eingeschossen: Wildwochen beim Hotelier
Rainer Dietz neben einem Reh aus der Region. Foto: Falter
Im Posthotel Johannesberg wurde immer schon regional gewirtschaftet. Die Gäste lieben’s deftig. Reh, Wildschwein, Hirsch und Fisch bringt neben der Waldgesellschaft Riedesel auch der Jäger Horst Ludwig; Schwein und Lamm kommen ausschließlich aus der Region, nur beim Rind muss Inhaber Rainer Dietz zuweilen auf Fleisch aus dem hessischen Inland zurückgreifen. Mit der Metzgerei Hahn arbeitet Dietz zusammen, immer schon, nur den Forellenzüchter musste er zwischendurch wechseln, da die Forellenzucht aus Storndorf den Betrieb aufgab. „Immer schon“ beginnt in den frühen achtziger Jahren, Fisch aus der Region bietet er seit den frühen 90er Jahren an. Zuweilen sei es schwierig gewesen, Lieferanten zu finden, erzählt er. Nicht nur die Frage „Wer produziert was?“ sei entscheidend gewesen, sondern auch: „Wer produziert wieviel?“. Absatzprobleme machten die Sache nicht leichter: „Der Züchter verkauft eine halbe Wutz, aber die Gäste wollen nur die Lendchen“, gibt der Gastwirt zu bedenken. Daher nimmt er von Rind und Schwein auch nur Teilstücke.
Nicht so beim Wild. Dies kauft er in der Decke und zerwirkt und verarbeitet es ganz, schon allein aus praktischen, aber auch aus gesetzlichen Gründen. Nicht jeder kann den Auflagen genügen, die er erfüllen muss, will er Wild aus der Decke schlagen und verkaufen. Gleichzeitig wird der Jäger, sobald das Wild aus der Decke geschlagen ist, zum Wildhändler und ist wiederum anderen, schwierigeren Gesetzen unterworfen, will er sein Wildbret loswerden. Um diese Gemengelage zu vermeiden, hat Dietz sich so eingerichtet, dass er selber das Wild fachgerecht verarbeiten kann, mit verschiedenen Bereichen für das nicht verarbeitete Stück sowie das Fleisch. Was der Gast nicht als Lendchen oder Keule verzehrt, wird zu Gulasch, der ebenso beliebt ist. Im September sind unter anderem Wildwochen, freut sich Dietz. Dieses Wild ist auch bio, das biologisch wertvollste Fleisch überhaupt, denn das Tier hat niemals Antibiotika gesehen und äste ausschließlich in unseren Wäldern. Dietz bedauert ein wenig, dass das Schlachtfleisch, das er anbietet, diesem Standard nicht entsprechen kann, aber auch hier kann man auf kurze Wege verweisen, die ebenfalls dem Umweltschutz dienen.
Obst und Gemüse findet er man im Vogelsberg eher weniger, zumindest nicht genug, um ein Restaurant damit zu bestücken. Eine Ausnahme bilden Pilze von einer Pilzfarm in Hopfgarten und natürlich die Getränke. Der Saft kommt aus ganz Hessen, das Bier von hier: Das Posthotel Johannesberg bietet das gesamte Sortiment der Lauterbacher Brauerei, zur Freude der Kundschaft. Vielleicht könnte Markus Pfeifer hier Gemüse anliefern?
Kein regionaler Wein: Dirk Kurzawa unterstützt den Non-Food-Bereich
Wein im Vogelsberg? Noch nicht so wirklich, meint Dirk Kurzawa, der Inhaber des Lauterbacher Weinkontors. Noch ist der Klimawandel nicht so weit fortgeschritten, dass der Rebensaft aus eigenen Gefilden kommen kann, bis auf Wingershausen, einen Weinberg gönnt. Allerdings hat auch Kurzawa ein Rahmensortiment mit regionalen Produkten. Wer Wein liebt, schätzt auch Honig aus Grebenhain, Apfel“Sherry“ aus der Rhön, außerdem züchtet Kurzawa Skudden und verkauft seine eigene Salami.
Höhepunkte im Weinkontor sind Wein- und Käseabende mit Käse von den Fuchshöfen, wo die Kühe noch Hörner haben dürfen. Wurst kommt vom Metzger in der Nähe, nicht bio, meint Kurzawa, aber mit kurzen Wegen.
„Bio steht hier neben regio“, meint der Weinhändler und kommt auf seine Salami zurück. Eigentlich, so gibt er zu bedenken, seien die Würste bio, nur eben nicht zertifiziert. Seine Skudden bekommen keine Medikamente, sind auch fast nie krank. Sie futtern direkt vom Magerrasen, der nicht gedüngt wird, außer von den Schafen selbst. Ein Zertifikat, sei es bio oder regio, sorge für Transparenz, so Kurzawa. Hier auf dem Land allerdings kenne jeder die Wege, die das Essen gegangen sei, somit sei Transparenz oft von alleine gegeben. „Man ist, was man isst“, erklärt der Skuddenzüchter mit einem Augenzwinkern, „und wer billiges Schweinefleisch vom Discounter isst, ist eben auch…“ hier grinst er nur noch.
Die regionalen Produkte sowie seine Bio-Weine stehen bei den anderen Weinen und Köstlichkeiten im Regal. Ein eigenes Bioregal lehnt Kurzawa ab, um diese Produkte nicht zu stigmatisieren.
Sein Sortiment wird abgerundet durch Bücher von der hiesigen Buchhandlung „Das Buch“ sowie Designprodukte von Ute Kirst. Hier verlassen wir den Food-Bereich und betreten den Non-Food-Bereich, doch das ist eine andere Geschichte, die soll ein andermal erzählt werden.
Ökomodellregion Vogelsberg
Im Vogelsbergkreis ist der Anteil an extensiv bewirtschaftetem Grünland bereits relativ hoch. Jetzt soll auch der Anteil an ökologischem Ackerbau erhöht werden. Der Vogelsbergkreis erhält zur Unterstützung der Umsetzung seiner Entwicklungskonzepte als Ökolandbau-Modellregion einen Personalkostenzuschuss für das Projektmanagement für zwei Jahre von bis zu 75 Prozent der Personalkosten, maximal 50.000 Euro pro Jahr. Die Grüne Umweltministerin Priska Hinz hat am 26.06.2018 die Gewinnerlandkreise aus dem Wettbewerb zur Ausweitung der Ökomodellregionen (ÖMR) in Hessen bekannt gegeben. 12 von 21 hessischen Landkreisen sind Ökomodellregionen, das entspricht fast zwei Dritteln der gesamten Landesfläche. Hessen bekleidet mit 13,5 Prozent Ökoanteil an der landwirtschaftlichen Fläche bundesweit einen Spitzenplatz und ist auf dem Weg, Deutschlands erstes Ökomodellland zu werden. Einen Spitzenplatz in Hessen nimmt der Vogelsbergkreis mit einem Anteil von 22 Prozent ökologisch bewirtschafteter Fläche ein. Damit übertrifft er schon jetzt den im Ökoaktionsplan Hessen angestrebten Flächenanteil von 20 Prozent. Der Vogelsberg hat 46 Prozent landwirtschaftliche Fläche 3,5 Prozent der Erwerbstätigen im Vogelsberg arbeiten in der Landwirtschaft.
Die ÖMR bieten durch eine bessere Vernetzung zwischen Produzenten, Verarbeitern, den Märkten und damit auch den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein großes Potenzial, den Ökolandbau weiter zu stärken. So lassen sich neue Produkte oder neue Vertriebswege etablieren und erfolgreich vermarkten.
Der neu eingestellte Projektkoordinator, Mario Hanisch, hat die Arbeit für die Ökomodellregion Vogelsberg aufgenommen. Ein BUND-Mitglied war am 23.05.2019 zu einer „Arbeitskreis-Veranstaltung“ ins AWLR (Landwirtschaftsamt) eingeladen worden und ist als Naturschützer im „Steuerungskreis“. Der Eindruck des Diplom Biologen: Trotz Behördenlastigkeit war es ein guter Auftakt, viele Öko-Bauern, davon erfreulich viele junge, waren anwesend. Es herrschte eine gute Stimmung.
Es wurde gefragt, was die Naturschutzverbände für Ideen für das Projekt haben. Folgende Ideen kamen den BUND-Mitgliedern:
Die Vermarktung von mehr pflanzlichen Produkten sollte voran getrieben werden. Sind die Äcker im Vogelsberg wirklich so schlecht, dass sie nur als Weideland taugen? Es gibt im Vogelsberg kaum Gemüsebauern. Wie soll das einhergehen mit dem Wunsch zu mehr regionalen und pflanzlichen Nahrungsmitteln? Der Hauptbestandteil auf unserem Speiseplan sollte Obst und Gemüse sein. Außerdem ist es nicht ökologisch bzw. nachhaltig, Unmengen an tierischen Produkten zu konsumieren. Von der Gesundheit ganz zu schweigen. Wenn Fleisch, dann sollte es natürlich nicht aus Massentierhaltung stammen.Ein Beispiel wäre ein naturschutzfachlich optimiertes Weidemanagement. Außerdem ist eine mobile Schlachtung bzw. mehr Hausschlachtungen denkbar, damit die langen Transportwege zum Schlachter den Tieren erspart werden.
Man könnte Synergie-Effekte bei Öko-Landwirtschaft und Naturschutz fördern – und nicht „nur“ die Vermarktung pur, denn Biodiversität, Bodenschutz, Wasserschutz etc. sind erstens Werte „an sich“ – zweitens sind Erfolge/Anstrengungen auf diesen Gebieten gute „Werbebotschaften“. Neben der Verringerung von Pflanzenschutzmitteln sollte die Überdüngung gestoppt werden. Bauern könnten Anreize dazu bekommen. Es gibt auch Ansätze wie die "pestizidfreien Kommunen", dass städtische Ackerflächen nur an Bauern verpachtet werden mit der Auflage, dass kein Glyphosat & Co. eingesetzt wird. Bei dem Thema Biodiversität könnte man die Vernetzung der einzelnen Schutzgebiete/Büsche/Blühstreifen etc. miteinbeziehen (war bei dem Vortrag in Lauterbach über das Messensterben der Insekten und anderen Tierarten gut erläutert).
Wenn man auf den Wochenmärkten tatsächlich Regionales kaufen könnte und nicht exotisches Gemüse vom Großhändler, wäre es nachhaltig. Bei vermeindlichen Sorten aus Deutschland muss man genau nachfragen. Bioprodukte fehlen dort komplett (zumindest in Alsfeld). Leider können die meisten dort gar nicht einkaufen, weil sie zu der Uhrzeit berufstätig sind, wo der Markt stattfindet. Immerhin bekommt man dort die Produkte verpackungsfrei. Es ist nicht nachhaltig, wenn man zu jedem Produzenten im Hofladen oder anderswo hinfährt, ein bestimmtes Produkt kauft und dann die nächsten abklappern muss. Ansätze einer Verbraucher-Erzeuger-Gemeinschaft von Moritz Schäfer gibt es bereits. Für eine SoLaWi waren es bisher nicht genug Interessenten, die mithelfen wollten. Schade, denn es waren Abholstationen geplant, wo man relativ flexibel seine Ration abholen könnte.
Um das Thema zugänglich rüberzubringen, könnte man einen Filmabend veranstalten z.B. mit dem Film "Die Wiese - Ein Paradies nebenan".Film-Abend mit "Die Wiese – Ein Paradies nebenan ".
Wir freuen uns auf weitere Diskussionsbeiträge zum Thema „Welche Landwirtschaft wollen wir im Vogelsberg“, am liebsten per E-Mail an: bund-vogelsberg(at)gmx.de
Am 27. Juni 2019 um 13:30 ist die Auftaktveranstaltung „Ökomodellregion Vogelsberg“ auf dem "Sonnenhof" der Familie Hampel in Schotten.