Radkonzept Vogelsberg
Stellungnahme des BUND Vogelsberg 24.11.2022

1 Touristische Radwege
Das „Radwegenetz zwischen Vogelsberg und Schwalm“ war vor 20 Jahren mal ein ziemlich
großer Wurf: Die Kommunen Alsfeld, Antriffttal, Feldatal , Kirtorf, Romrod und Schwalmtal
arbeiteten zusammen: 340 Kilometer Radwege. Nun ist manches etwas in die Jahre gekommen,
aber noch funktionieren sie: Verbindungen aus jedem Ort des nördlichen Vogelsberg über gut
befahrbare Radwege in die weite Welt: über den Vulkanradweg und jetzt auch den
Südbahnradweg in den Rhein-Main- Raum, über den R 2 in Richtung Fulda oder Cölbe, der R 4
erschließt Rotkäppchenland auf dem Bahnradweg, Schwalmstadt im Norden oder Schotten im
Süden sind angebunden. Siehe Anlage „Radwegenetz 2008“.
Auch in anderen Gemeinden, z.B. in Freiensteinau, sind nach unserer Kenntnis in den letzten
Jahren von den Gemeinden und/oder örtlichen Initiativen „Freizeit- Radwege“ ausgedacht und
ausgewiesen worden. Zum Teil ist das auch im Rahmen der „Dorferneuerung“, oder in Ikek
Projekten geschehen. Wir halten es für eine lohnende Aufgabe, alle diese Projekte im Rahmen
des VB-Radkonzepts zu sammeln und nebeneinander zu stellen. Wir regen an bei der Erarbeitung
des Kreis-Konzepts die Nachbargemeinden (-Kreise) zur Kooperation zu ermutigen und
außerdem die Kontinuität der Beschäftigung mit dem Phänomen „Radverkehrs-Management“ in
den Kommunalverwaltungen und der Kommunalpolitik zu fördern (in der Vergangenheit haben
wir zu oft „Eintagsfliegen“ erlebt).
Bei den touristischen Radwegen sollten beim Vogelsberg-Radkonzept diese Wege
aufgenommen werden. Anzustreben sind weitere touristische Wege, z.B. ein Antrift-Radweg
von Ober-Breidenbach bis zur Mündung in die Schwalm unter Berücksichtigung des Antrift-
Stausees bei Seibelsdorf. Weitere Vorschläge sind ein Jossa-Radweg von Willofs über
Wallersdorf - Breitenbach am Herzberg und Richtung Niederjossa/Niederaula. Auch ein Altefeld-Radweg von der Quelle bis zur Mündung (Hochwaldhausen bis Bad Salzschlirf) wäre
interessant.
Wichtig ist die Unterhaltung der Wege, die Sicherung der Beschilderung, und die Beseitigung
möglicher Schwachstellen. Irritierend für den Alltagsradler oder die -radlerin ist manchmal die
Beschilderung von sportlichen und touristischen Radwegen, die nicht eine möglichst kurze
Ortsverbindung zum Ziel haben: So findet man auf der Höhe zwischen Zell und Heimertshausen
einen Hinweis, dass es bis Heimertshausen noch etwa 5 km Fahrtstrecke sind. Das bezieht sich
auf die Mountainbike- Marathon-Tour auf unbefestigten und steilen Waldwegen. Hier fehlt der
Hinweis, dass Heimertshausen auf direktem Weg schon fast in Sichtweite von etwa 1km ist. Die
Beschilderung von Ortsverbindungen muss von der Ausweisung touristischer Radwege
getrennt vorgenommen werden. (siehe Bild)
Die touristischen Radwege sollten über geeignete Medien bekannt gemacht werden, seitens des
Kreises, der VB-Touristik und der Kommunen über homepages und soziale Medien.
Bei den oben genannten Vorschlägen für neue Touren wird deutlich, dass auch
landkreisübergreifende Absprachen und Planungen erforderlich werden. Ein gute Beispiel:
der „Schwalmradweg“ zwischen Alsfeld und Schrecksbach zwischen dem Staudamm oberhalb
Heidelbachs und der Straße von Heidelbach zur B 254: dieses Stück ist ein ausgefahrener
Grasweg, bei schlechter Witterung kaum zumutbar – die Nutzer weichen auf die gefährlichen
Parallel-Straßen aus.
2. Verkehrs-Infrastruktur im Vogelsberg
Der BUND fordert ein Umdenken bei der Mobilitätsstruktur im Vogelsberg. Anstatt mehr
Autostraßen im Vogelsberg zu bauen soll eine enkeltaugliche Verkehrs-Infrastruktur
unterstützt werden. Das gilt zwischen den Siedlungen aber ganz besonders in Zentren: Alsfeld,
Lauterbach, Schotten, Homberg, Schlitz. Es ist wichtig, die Mobilitätsstruktur mehr auf
Fußgänger und Radfahrer auszurichten und nicht mehr dem Autoverkehr eine
Vorrangstellung einzuräumen. Eine einfache Maßnahme ist sicherlich Tempo 30 im gesamten
Ort einschließlich der Bundesstraßen. Das sorgt nebenher auch für einen flüssigeren
Autoverkehr. Ebenso sind die (meisten)
Einbahnstraßen für Radfahren im Gegenverkehr zu öffnen.
3. Schaffung sicherer Ortsverbindungen im gesamten Kreis
Teilweise gibt es sichere Verbindungen zwischen den Dörfern, teilweise sind Kreisstraßen aber
so unübersichtlich und Radwege nicht vorhanden, dass man Kinder und Schüler*innen nicht mit
dem Rad ins Nachbardorf, z.B. zum Fußball- oder Tischtennistraining schicken will.
Einige Beispiele für fehlende Sicherheit der Radwege-Anbindungen bzw. für völlig fehlende Radwege: Schlitz-Willofs; Willofs-Nieder-Stoll; Udenhausen- Grebenau; Ober-Breidenbach – Nieder-Breidenbach;
Nieder-Breidenbach – Romrod; Strebendorf-Romrod; Zell-Heimertshausen; Zell-Billertshausen;
Billertshausen-Angenrod; Alsfeld-Schwabenrod; Wallenrod-Hergersdorf; Dannenrod-
Appenrod; Homberg-Dannenrod; Homberg-Nieder Gemünden (der ausgeschilderte Radweg an
der Ohm ist ein Riesenumweg); Eifa- Rainrod; u.v.a. mehr...
Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf den „Radfahr-Schwerpunkt“ im IKEK-Alsfeld
und im Nahmobilitätscheck Alsfeld: hier spielt insbesondere die Anbindung der nahegelegenen
Ortsteile an die Kernstadt eine wichtige Rolle. Diese Vorarbeiten sollten im Kreiskonzept
berücksichtigt und sofern nötig weiterentwickelt oder kritisch betrachtet werden.
Noch schwieriger wird es bei Ortschaften, die eigentlich auf kleine Zentren außerhalb
des Vogelsbergkreises ausgerichtet sind. Da gibt es oft gar keine radtauglichen
Verbindungen. Als Beispiele seien folgende Ortsverbindungen genannt: Arnshain-Neustadt
(Kr. Marburg) ; Wahlen-Neustadt; Gleimenhain-Neustadt; Lehrbach-Schweinsberg;
Lehrbach-Stadtallendorf (Direktanbindung durch den Herrenwald). Hier ist
kreisübergreifend zu planen.
Durch die Baustelle der A49 im Bereich Homberg/Ohm sind zahlreiche Radwege
zerstört worden. Radfahrer werden in diesem Bereich auf Kreisstraßen oder Bundesstraßen
genötigt. Da ist rasche Abhilfe gefragt.
Neben den Ortsverbindungen ist auch die Durchfahrt durch die Dörfer in den Blick zu nehmen – als Beispiele werden Angenrod und Leusel genannt. Hier bleibt an der Hauptstraße lediglich
die Auswahl zwischen Bundesstraße oder dem nicht erlaubten, aber sichereren Gehsteig.
4. Nahmobilitätscheck Alsfeld:
Ergebnisse und erhobene Daten des Nahmobilitätschecks sind in das Vogelsbergkonzept
aufzunehmen bzw. auszuwerten. Der Fuß- und Radverkehr muss gestärkt werden – als
Alternative zum motorisierten Verkehr. In Alsfeld hat der Nahmobilitätscheck sehr gute
Maßnahmen aufgezeigt. Noch fehlt die Umsetzung: Ausschilderung für den Radverkehr,
durchgehende Radstrecken, Anbindung aller Ortsteile. Auch hier wird die Öffnung von
Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den Radverkehr gefordert. Diese Maßnahme für Fahrräder
ist eine gute Unterstützung für das rasche Vorankommen mit dem Rad – das in Innenstädten
ohnehin das wendigere und schnellere Verkehrsmittel ist als das Auto. Gefahrenstellen wie bei
der Villa Raab und am Ende der Schillerstraße sind dringend zu verbessern: Autofahrer sind dort
schnell und rechnen dort keineswegs mit zusätzlichen Radfahrern – deren Radwege dort leider
im Nichts enden, bzw auf verkehrsreiche Autostraßen abgeleitet werden.
5. Radverkehrskonzept Lauterbach 2021
Auch diese Ergebnisse sind in das Vogelsberg-Konzept zu integrieren.
6. Gefahrenstellen
Alsfeld weist die höchsten Unfallzahlen mit Beteiligung von Radverkehr auf. Häufig genannte
Gefahrenpunkte sind hier das obere Ende der Schillerstraße – einer Straße mit 2 Schulen!- wo
ein Radweg abrupt auf einer Kreuzung mit 5 Richtungen und schnell fahrenden Autos im Nichts
endet. Auch die Ortsverbindung Altenburg-Alsfeld endet für Radfahrer abrupt auf der
Autostraße. Von dort aus wäre außerdem eine Ausschilderung zu den nahen Schulzentren in der
Krebsbach von Nöten. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so gefährlich ist das Ende des Radwegs
von Alsfeld her am Ortseingang von Leusel. Gefährlich durch Blendung bei Dunkelheit ist der
Radweg von Lauterbach nach Angersbach. Hier wird deutlich, dass straßenbegleitende Radwege
nicht immer die beste Lösung sind.
Radwege müssen als kontinuierliche Strecken auch innerorts geplant werden und die
Wohngebiete und Bahnhöfe an die Innenstadt, Einkaufszentren und vor allem an Schulen
anbinden.
Auch alle Ortsteile benötigen sichere Rad-Verbindungen an die Zentren.
Da ist ein einiges an Überlegung erforderlich, um gerade im innerstädtischen Bereich
Nebenstraßen auszuweisen und die großen Autostraßen zu umgehen und ggf. zu überqueren.
7. Was noch dazu gehört
Radfahrer*innen wünschen sich auch im Winter sichere und vor allem geräumte
Radwege. Da sind Zuständigkeiten zu klären, was nicht bis zum nächsten Frühjahr
dauern sollte. Abstellplätze mit der Möglichkeit, das Fahrrad sicher anzuketten,
manchmal auch überdachte Radstellplätze freuen jeden und jede Fahrradbesitzer*in,
und die Möglichkeit, in Bus und Bahn auch mal das Rad mitnehmen zu können.
8. Ein Bestandteil des VB-Konzepts muss auch eine Handlungsempfehlung
an die Kommunen sein, verbunden mit Hilfestellungen bei der Umsetzung.
Nicht immer muss eine Radstrecke den leider oft extrem hohen Anforderungen für
Fördermaßnahmen entsprechen. Manchmal reicht es auch, vorhandene Feld- und Waldwege
instandzusetzen und auszuweisen. Auch eine gute wassergebundene Decke kann ausreichen
und ist besser als der perfekte Radweg, der erst in 10 oder 20 Jahren finanzierbar ist.
Alsfeld, 24.11.2022
für den BUND-Kreisverband
Dr. Wolfgang Dennhöfer
Am Triesch 21
36304 Alsfeld
w.dennhoefer@web.de
Tel.: 06631-6643
mobil: +49 1575 6348352
Dr. Ursula Bernbeck
Angenröder Str. 19
36304 Alsfeld
ursel.bernbeck@web.de
Tel. 06631-9110911
mobil: 0174-484825
Alsfeld IG Weißer Weg
44 Hektar Flächenfraß für Logistik-Betriebe:
Bebauungsplan „Weißer Weg, Alsfeld" - die 2. Offenlage endete am 23.Juni.
Wir haben zur zweiten Offenlage eine umfassende Stellungnahme geschrieben. Der haben sich die wichtigsten Umweltverbände im Kreis angeschlossen.
Die Kurzfassung: (und hier ungekürzt als PDF)
Stellungnahme des BUND-Landesverbands Hessen.Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) und der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) und des NABU (Kreisverband Vogelsberg).
Die Planung in der vorliegenden Form wird von den oben angeführten Verbänden abgelehnt. Im Vergleich zu dem 2020 vorgelegten Vorentwurf und dem Entwurf zur I. Offenlage wurden jedoch deutliche Verbesserungen beim Artenschutz, in der Ausgleichsplanung und der Eingriffsminderung hinsichtlich der Lichtverschmutzung erzielt. Insbesondere bei der Darstellung der Eingriffserheblichkeit, der Eingriffsminimierung sind aber noch erhebliche Defizite vorhanden. Auch die Potentiale für eine nachhaltige Bauleitplanung im Sinne von § 1 (5) BauGB werden nicht hinreichend genutzt was Bodenschutz und die Förderung energetischer Optimierung angeht.
Bodenschutz und Flächenverbrauch
40 ha Gewerbegebiet in einer ackerbaulichen Gunstfläche sind eine im Sinne nachhaltiger Regionalentwicklung sehr problematische Planung. Der zunehmende Flächenverbrauch wird immer deutlicher als Ursache vieler Natur- und Umweltprobleme in Deutschland erkannt. Dabei betreffen die Folgen des Flächenfraß nicht nur ein gestörtes Landschaftsbild, sie reichen viel weiter: Natur und Artenvielfalt werden beeinträchtigt, die nachhaltige Versorgung mit Lebensmitteln wird gefährdet. Die nicht vermehrbare Ressource Boden ist Voraussetzung für den Erhalt der Biodiversität und für die landwirtschaftliche Nutzung. Trotzdem werden in Hessen täglich etwa 3,5 Hektar Bodenfläche versiegelt. Der weitere Flächenverbrauch durch Siedlungserweiterungen, Verkehrsflächen und neue Gewerbegebiete steht in direktem Gegensatz zu den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung. Die negativen Folgen auf Mensch und Natur lassen sich nur dann abmildern, wenn ein Netto-Null-Flächenverbrauch angestrebt wird. Das bedeutet, dass neue Flächen nur in Anspruch genommen werden dürfen, wenn gleichzeitig anderenorts mindestens genau so viel Fläche entsiegelt wird. Ansätze zur Kompensation des Flächenbedarfs z.B. durch Entsiegelung an anderer Stelle fehlen in der Planung völlig. Die Planung verletzt die Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung –insbesondere was den Flächenverbrauch angeht.