BUND Kreisverband Vogelsberg

Der Zeller Wald im Klimawandel

Ein Spaziergang im Jägertal mit BUND Vogelsberg und Försterei Zell

Zahlreiche Wanderer aller Altersgruppen in bunter Kleidung betrachten hohe Bäume, der Forstanwärter gibt Erklärungen. Die Menschen stehen auf einem Waldweg und schauen zur Seite hoch. Der Zeller Wald  (R.D.)

Zur Exkursion in den Wald im Jägertal begrüßten Ursula Bernbeck vom BUND Vogelsberg und Revierförster Hermann Wilhelm hoch erfreut mehr als dreißig interessierte Wanderer aller Altersstufen.

Forstdienstanwärter Daniel Hoven übernahm die Führung zu verschiedenen Waldbildern und erklärte zunächst, dass die derzeit zu beobachtenden Schäden an Nadel- und Laubbäumen die Sicht des Menschen darstellten. Der Wald wandelt sich einfach. Für den Menschen ist der Wald in seiner jetzigen Form aber wichtig als CO2-Speicher, für die Holzproduktion, den Wasserhaushalt, den Artenschutz, er dient der Erholung und nicht zuletzt der Temperaturregulierung – letzteres insbesondere in den Städten, betonte Hoven.

Wenn Hitze und Trockenheit die Bäume vorgeschädigt und geschwächt haben, kommen weitere Probleme durch Pilzbefall, Insekten, Misteln oder die Fraßschäden von Rehen oder Mäusen dazu. Die Schadtiere und -pflanzen sind nicht urplötzlich neu aufgetaucht - durch die klimatischen Veränderungen ist hier aber ein Gleichgewicht ins Wanken gekommen.

Und die Schäden betreffen nicht nur Nadelhölzer. Die Buche leidet an Pilzbefall mit deutlichen Kronenverlusten – Buchonia ist Geschichte. An alten Eichen wurde „Schleimfluss“ festgestellt – dunkle Stellen am Stamm, entstanden durch Insektenbefall. Die Esche, die eigentlich Nässe wie Trockenheit gut verträgt, leidet an einem Pilzbefall und kommt als Zukunftsbaum nicht mehr in Frage. Ähnliches gilt für die Ulme.

Ein weiteres Problem sind Neophyten – Tiere oder Pflanzen, die aus anderen Regionen der Erde eingeschleppt worden sind und die keine natürlichen Feinde in der neuen Region haben. Hermann Wilhelm berichtete, dass das seit vielen Jahren anhaltende Erlensterben durch einen Pilz verursacht ist, der ursprünglich zu einem Fisch aus Alaska gehörte. Sehr gefährlich ist auch die Kiefer-Nematode, so Wilhelm. Die kam auf dem Weg aus den USA mit Palettenholz zunächst nach China, dann nach Japan und nach Portugal , wo in kurzer Zeit immense Schäden an der eigentlich resistenteren Kiefer beobachtet wurden. Auch im Zeller Forst wird regelmäßig nach diesem Schädling gefahndet, um bei Befall sofort eingreifen zu können.

Forstleute versuchen nun, trockenresistentere Baumarten anzusiedeln - hierzu zählen die Douglasie, Kiefer, Kirsche, Ahorn, Lärche, Hainbuche, und bedingt die Birke. Aber auch das funktioniert nicht problemlos. Hoven demonstrierte auf einer Kahlfläche, wo vor einigen Jahren noch Fichtenbestand angepflanzt war, eine kleine Douglasie, die Fraßstellen durch den großen braunen Rüsselkäfer am Stamm aufwies. Die aus Nordamerika stammende Douglasie ist zwar recht trockenresistent, muss aber erst ihren Platz zwischen den in Europa heimischen „Nützlingen“ und „Schädlingen“ finden. Gleich daneben ein etwas kleinerer Kirschbaum, der sich selbst ausgesät hatte und deutlich gesünder wirkte. An dieser Stelle entwickelte sich eine lebhafte Diskussion, ob man dem Klimawandel durch Anpflanzung von resistenteren Bäumen begegnen solle, oder den Wald sich selber überlassen und verjüngen lassen solle. Sämlinge wachsen sicherer an. Die Forstleute hatten aber Zweifel, ob sich bei den bisherigen Monokulturen schnell genug verschiedene andere Baumarten ansiedeln würden – oder ob man wieder einen Fichtenbestand bekommen würde.

So würden die kahlen Flächen zur Hälfte per Anpflanzungen bearbeitet, die andere Hälfte werde sich selbst zur Naturverjüngung überlassen.Hinzu kommt, dass in den letzten Jahrzehnten viele der besonders alten Bäume gefällt und verkauft wurden. “Die sind besonders wichtig für die Biodiversität – die Vielfalt des Lebens. Wir haben diese Praxis besonders in den Schutzgebieten immer kritisiert“ so BUND-Sprecher und Biologe Wolfgang Dennhöfer, und:

„Die Forstleute müssen jetzt ein gigantisches Experiment mit offenem Ausgang durchführen – denn ob eine Baumart bei der aktuellen Erderhitzung eine Chance hat, wird man erst in 30 Jahren sehen.

Und da macht es einen Riesenunterschied, ob wir auf 1,5 oder 2 oder 3 Grad Erderwärmung zusteuern. Da zählt jedes Zehntel Grad.“

Die Veranstaltung klang bei einem kleinen Imbiss im Forsthüttchen im Jägertal bei weiteren lebhaften Diskussionen aus.

U:B: 03.05.2023

Warum Bodenschutz und Flächenschutz so wichtig sind ?

BUND-Exkursion zum Tag des Bodens

Wetterfeste Naturfreunde und Förster beim Bodeneinschlag Wetterfeste Naturfreunde und Förster beim Bodeneinschlag  (R.B.)

Pressetext BUND Vogelsberg, 05.12.2022

Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz, Vogelsbergkreis) hatte zur Exkursion aus Anlass des Weltbodentags eingeladen.

 

Trotz feuchtkalter Witterung konnte Dr. Ursula Bernbeck, die Organisatorin der Veranstaltung eine stattliche Schar wetterfester Naturfreunde an der Hardtmühle bei Eifa begrüßen. Für den BUND forderte sie mehr Flächenschutz – und mehr Bodenschutz im Vogelsberg. Böden sind, so Bernbeck, wesentliche Bestandteile der Natur-Kreisläufe. Als Filter und Puffer haben Böden eine große Bedeutung insbesondere für den Schutz des Grundwassers.Ihr besonderer Dank galt Herrn Acker von HessenForst, der eine Einführung in die forstliche Bodenkunde gab.

Ein Bodenaufschluss im Wald war die erste Station. Etwa 1,80 Meter hoch war das Bodenprofil, an dem die Teilnehmer die Schichten und Bestandteile des Bodens studieren konnten. Zuerst gings um die Körnung: Sand, Ton und Schluff waren die Bestandteile . Wie Acker ausführte, sind Ausgangsgestein, Wasserhaushalt und Klima daran beteiligt, welcher Bodentyp sich ausbildet – in diesem Fall ein Pseudgley auf Buntsandstein. Dieser Bodentyp ist recht anfällig für Bodenverdichtung. Beim Ortstermin nahebei konnten die Förster zeigen: bei sorgfältiger Arbeit ist auch der Einsatz schwerer Geräte bei der Holzabfuhr möglich ohne sichtbare Schäden zu verursachen.

Großes Interesse bestand an der Lebewelt im Boden, dem „Edaphon“. Wie viele Lebewesen gibt es in einer Hand voll Erde? 8 Milliarden Lebewesen - soviele Menschen leben auf der Erde.

Die größte Zahl dieser Boden-Lebewesen sind winzig. Die Teilnehmer erfuhren: Actinomyceten, spezialisierte Bodenbakterien, verursachen den charakteristischen "erdigen" Geruch des Bodens. Sie sind maßgeblich beteiligt am Zersetzen der Laubstreu. Mykorrhiza-Pilze, die in enger Lebensgemeinschaft mit den Bäumen leben, helfen mit bei der Aufnahme von Stickstoff und anderen Nährstoffen. Im Gegenzug erhalten sie Zucker, den die Bäume produzieren. Einige Nummern größer sind die Regenwürmer, von denen leben ca. 80 unter einem Quadratmeter. Immerhin: die auf einem Hektar Boden lebenden Regenwürmer können zusammen ein Gewicht von bis zu 2500 Kilogramm erreichen.

Auf den Zusammenhang von Bodenschutz und den großen Themen unserer Tage ging BUND-Sprecher Wolfgang Dennhöfer ein: „ Klimakatastrophe, Trinkwasserschutz und der Schutz der Biodiversität, der Vielfalt des Lebens -Egal welche dieser „Zukunfts-Baustellen“ wir anschauen: überall sehen wir: jeder Hektar Fläche den wir verlieren verschärft die Krise.“. „Die unversiegelten Böden sind die größten terrestrischen CO2-Speicher und bieten einen natürlichen Klimaschutz, der uns nichts kostet. Jeder Quadratmeter Boden, der versiegelt wird oder dauerhaft verdichtet, fehlt für die Grundwasserneubildung. Bei Starkregen sind ausreichend unbebaute Versickerungsflächen erforderlich, um die Wassermengen aufzunehmen und Schäden zu vermeiden.“

Wie das mit dem Kohlenstoff im Boden und dem Klimawandel sei, wollte in Teilnehmer wissen. „Etwa 100 Tonnen Kohlenstoff-Humus –damit kann man im Wald rechnen, ähnlich wie bei Ackerböden. Unter alten Wiesen sind es mehr, etwa 180 Tonnen. Je nach Bewirtschaftung nehmen diese Kohlenstoffspeicher ab oder zu. Und 1 Tonne Humusverlust bedeuten 1,8 Tonnen mehr CO2 .

Für Bodenschutz und gegen Flächenfraß – das hat der BUND im Vogelsberg in seiner aktuellen Stellungnahme zum Regionalplan Mittelhessen gefordert. Durch neue Siedlungs-, Verkehrs-und Gewerbeflächen geht immer mehr Boden unwiederbringlich verloren für die Ernährung zukünftiger Generationen. Beispiele dafür sind im Vogelsberg die A 49, die geplanten Gewerbegebiete in Alsfeld, Reuters und Homberg. Deshalb "Feldflur und Wald statt Beton und Asphalt"

Aktuelle Planungen im Vogelsberg:

  • Alsfeld 40 ha, davon ca. 36 versiegelt

  • Lauterbach/Schwalmtal vor Reuters Planung 26 ha

  • Homberg „Roter Berg“ nahe Zubringer zur A 49 ca. 35 ha

  • Und natürlich der riesengroße Flächenfresser: die A 49, quer durch Wald und Ackerland: hunderte Hektar

  • 181,71 ha nach UVP Seite 18; 1.5 Bedarf an Grund und Boden (§ 6 (3) Satz 1 Nr. 1 UVPG

  • Bzw. 230 ha Flächen dauerhaft beansprucht in den 2 Flurbereinigungsverfahren Homberg und Neustadt.

U.B. 23.01.2023